Zeitenspiegel Reportagen

Schweigen für die Freunde

13.06.2019

Vor 20 Jahren, am 13. Juni 1999, wurden der Reporter Gabriel Grüner, der Fotograf Volker Krämer und der Übersetzer Senol Alit am Dulje-Pass im Kosovo ermordet. Mit einer Gedenkfeier erinnerte die Stadt Suhareka heute in der ehemaligen Kriegsregion an das Reporterteam.

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Schon um zehn Uhr morgens ist es drückend heiß droben am Dulje-Pass. Der Schatten der zwei Kirschbäume reicht nicht aus für die Menschen, die sich um den Gedenkstein scharen. Es ist der Tag, an dem die Stadt Suhareka ihrer Toten des Krieges gedenkt, mehr als 600 Opfer sind zu beklagen.

Zu den letzten Opfern des Krieges, der am 13. Juni 1999 eigentlich zu Ende sein sollte, zählten der Reporter Gabriel Grüner, der Fotograf Volker Krämer und ihr Übersetzer Senol Alit, die an jenem Tag, nur wenige Meter entfernt von der Gedenkstelle, von einem russischen Söldner ermordet wurden. Der Mann ist bis heute nicht gefasst.

Begraben wurden Gabriel Grüner, Volker Krämer und Senol Alit in ihren Heimatgemeinden. Aber die Stadt Suhareka, wenige Kilometer vom Tatort entfernt gelegen, schließt die Reporter jedes Jahr in ihre Gedenkfeiern für die Opfer des Kriegs mit ein. Dieses Mal auf besonders anrührende Weise: Der Bürgermeister bat um eine Schweigeminute. Eine Minute lang war nur das Rauschen des nahen Autoverkehrs zu hören. Ein Kinderchor des Fellbach-Hauses, bestehend aus den Schülerinnen Melisa, Viola, Vanesa, Adelina und Flutura, sang „Imagine“ von John Lennon. Verwandte und Freunde, aus Deutschland und Italien angereist, legten Blumen vor dem Gedenkstein nieder.

„Ehre“, dieses Wort fällt immer wieder an diesem 13. Juni. Auch an anderen Orten in der Stadt wird an die Opfer des Krieges erinnert. Hunderte warten geduldig in der Junihitze an den Gedenkstätten, um den Angehörigen zu kondolieren. Ehre, das bedeutet auch: Euer Leid ist nicht vergessen.

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Frank Thomsen, Geschäftsführer des Magazins stern, dankte bei der anschließenden Gedenkfeier in der Sporthalle von Suhareka dem Bürgermeister und den Repräsentanten der Stadt. „Sie selbst haben in Ihren Familien viel Leid erfahren. Und trotzdem hat Ihr Herz noch Platz für die drei vom stern.“

Eine „nicht endende Erinnerung“. Alles andere als selbstverständlich.

Bereits im Mai, anlässlich der Verleihung des 20. Gabriel-Grüner-Stipendiums, hatte stern-Chefredakteur Florian Gless zur Erinnerung an die Reporterkollegen eine Rede in Gabriel Grüners Geburtsort Mals in Südtirol gehalten. Hier finden Sie die Rede im Wortlaut.