Zeitenspiegel Reportagen

"Noch einmal Duschen, dann ist Weihnachten"

ZEIT ONLINE

Von Autor Fabian Franke

Vielen Menschen in Deutschland bereiten die steigenden Energiekosten schon länger Sorgen, jetzt geht es für sie um die Existenz. Manfred Kiekbusch hilft ihnen.

Manfred Kiekbusch hat sich eine rote Weste übergeworfen, eine Tasche mit Hertha-BSC-Sticker, überseiner Schulter hängt noch ein Jutebeutel, aus dem Lampenkartons und eine Steckerleiste ragen. Erzieht die Glastür auf und tritt in die Sonne, die sich zwischen den Hochhausriegeln der Weißen Siedlungin Berlin-Neukölln ihren Weg bahnt. Sein Job: Menschen beim Geldsparen helfen.

Für die Caritas geht Kiekbusch in die Wohnungen von Geringverdienern, Arbeitslosen, Aufstockerinnenund Asylsuchenden, tauscht Glühlampen gegen LED, misst den Stromverbrauch von Fernsehern,Kühlschränken, Durchlauferhitzern, rückt Sofas weg von der Heizung und schraubt Perlatoren unterWasserhähne, weil die dafür sorgen, dass mehr Luft und weniger Wasser aus dem Hahn kommt.

Seit Jahren macht Kiekbusch das, jeden Tag. Und mit ihm im Land mehr als 600 Kolleginnen undKollegen allein an den Standorten der Caritas, dazu die der Verbraucherzentrale, Arbeiterwohlfahrt,Diakonie, Kommunen, privaten Agenturen – Energiesparhelfer, die Menschen davor bewahren, wegenhoher Energiekosten arm zu werden. Davon waren im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamtknapp 16 Prozent der Bevölkerung bedroht. Eine Art Schwelbrand, den Kiekbusch und die vielenanderen mit ihrer Beratung noch halbwegs kleinhalten konnten.

Doch inzwischen ist die Lage eine andere: Im Juli waren die Importpreise von Erdgas dreimal, dieStrompreise viermal so hoch wie im Vorjahresmonat. Die Abschläge bei der Gasabrechnung imkommenden Jahr könnten um den gleichen Faktor steigen. Der Schwelbrand könnte sich zu einerFeuerwalze entwickeln. Und die könnte auch Manfred Kiekbusch selbst erfassen.

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