Zeitenspiegel Reportagen

Qualität hat ihren Preis

16.04.2010

Bei der Verleihung des Hansel-Mieth-Preises 2010 demonstriert die Jury für den Qualitätsjournalismus in Deutschland

Mit der Forderung nach mehr Qualität im deutschen Journalismus sind am Freitag der Hansel-Mieth-Preis und das Gabriel-Grüner-Stipendium der Reportage-Agentur Zeitenspiegel in Fellbach vergeben worden. “Ich bin mir sicher, dass sich Qualität auch in Zukunft zu fairen Preisen verkaufen lässt”, sagte Gerd Schulte-Hillen, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr, in seiner Laudatio auf die Preisträger des Jahres 2010. “Die Menschen und ihre Ansprüche sind die gleichen geblieben.”

Zeitenspiegel-Gründer Uli Reinhardt rief zum Widerstand gegen den Abbau engagierter und kritischer Berichterstattung in Deutschland auf. “Für Qualitäts-Journalismus muss man kämpfen”, sagte Reinhardt in Fellbach. Beim Festakt ehrte die Jury die mittlerweile aufgelöste Redaktion von “Sonntag Aktuell”. “Die Entlassung einer ganzen Redaktion ist ein Schlag ins Gesicht aller, denen Pressevielfalt und Qualität der Erzeugnisse eine Herzensangelegenheit sind.”

Die Wochenzeitung “Sonntag Aktuell” belieferte mit einer Auflage von einer Million Exemplaren 30 Jahre lang Leser im südwestdeutschen Raum. Gut recherchierte Hintergrundberichte und Reportagen bildeten einen Schwerpunkt der Zeitung. Im Januar 2010 hatte die Eignerin Südwestdeutsche Medienholding die Redaktion geschlossen. Ihr gehört neben den Stuttgarter Nachrichten, der Stuttgarter Zeitung und anderen Medien auch die Süddeutsche Zeitung. “Weitere Entlassungen, auch dort, sind angekündigt”, sagte Reinhardt. “Es gilt, das im Sinne eines guten Journalismus und der Demokratie in unserem Land, nicht einfach hinzunehmen.”

Mit dem Hansel-Mieth-Preis zeichnet die Agentur Zeitenspiegel jährlich Autoren und Fotografen gemeinsam für engagierte Sozialreportagen aus. Text und Fotos einer Geschichte werden dabei gleichermaßen bewertet. Mit dem Journalistenpreis erinnert Zeitenspiegel an ihr Ehrenmitglied Hansel Mieth, die als Fotografin für das amerikanische Magazin Life gearbeitet hat und sich sozialen Themen widmete. Das Gabriel-Grüner-Stipendium erinnert an den Stern-Reporter Grüner, der 1999 zusammen mit dem Fotografen Volker Krämer und dem UEbersetzer Senol Alit im Kosovo ermordet wurde. Das Stipendium soll jungen Journalisten ermöglichen, ein konkretes Reportageprojekt umzusetzen.

In diesem Jahr überreichte Gerd Schulte-Hillen der Autorin Andrea Böhm (Fotograf Marcus Bleasdale konnte nicht anreisen) den Preis. Die Journalisten bekamen die renommierte Auszeichnung für die Reportage “Freude, schöner Götterfunken”, die im Zeit-Magazin erschienen ist. Sie erzählt die Geschichte eines klassischen Orchesters im Bürgerkriegsland Kongo. Der Preis ist mit 6.000 Euro dotiert.

Das Gabriel-Grüner-Stipendium ging in diesem Jahr an den Autor Ulf Schubert und den Fotograf Jesco Denzel. Das Team plant eine Reportage über soziale Konflikte am Viktoriasee. Das Stipendium ist ebenfalls mit 6.000 Euro dotiert und unterstützt dieses Vorhaben.

“Die seit 1998 ausgezeichneten Reportagen des Hansel-Mieth-Preises haben bis heute ihre Aktualität nicht verloren”, sagte Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm bei der Verleihung. “Sie schärfen die Sensibilität der Gesellschaft für Probleme.” Die engagierte Reportage, endete Palm, habe wieder Konjunktur – schon allein um dem Internet eigene Stärke entgegen zu stellen.

Das Buch zum Hansel-Mieth Preis 2010, samt Siegerreportage und zehn weiteren ausgezeichneten Reportagen, kann zum Preis von 16.80 € versandkostenfrei über die Agentur bestellt werden.